“Bei Bitcoin geht es um Ethik”

Aaron Koenig ist wieder auf Reise. Vor kurzem war er in Prag und hat die BTC Prague besucht. In einem Bericht teilt er seine Eindrücke.

Vom 19. bis 21. Juni fand in Prag die 3. BTC-Prague-Konferenz statt – trotz der widrigen Umstände durch die MICA-Regulierung erneut ein voller Erfolg. Rund 8000 Besucher aus aller Welt feierten bei bestem Sommerwetter den jüngsten Bitcoin Bull Run.

“Durch die MICA-Vorschriften war es diesmal deutlich schwerer, die Konferenz zu bewerben und Firmen dafür zu gewinnen, Sponsor zu werden”, sagt Martin Kuchar, der die Konferenz gemeinsam mit seinem Bruder Matyas gegründet hat. Dennoch herrschte in den Prager Expo-Hallen eine optimistische Aufbruchstimmung. Das lag sicher vor allem an den positiven Entwicklungen in den USA, deren neue Regierung es wirklich ernst mit ihrem Bitcoin-freundlichen Kurs zu meinen scheint.

Bitcoin-Rockstar Michael Saylor, stets einer der Sprecher auf der BTC Prag, begann seinen Vortrag denn auch mit einer Analyse der US-Politik und der Vorstellung ihrer Hauptakteure. Dann wagte er eine Prognose, die den Optimismus seiner Rede auf der Bitcoin 2025 in Las Vegas im Mai noch einmal übertraf. Er schätzt den Wert eines Bitcoins im Jahr 2046 auf 21 Millionen US-Dollar. Dann stellte er verschiedene Strategien vor, wie man am besten von der Bitcoin-Entwicklung profitieren kann.

Was mir an der BTC Prag gut gefällt: auch wenn es mittlerweile bei Bitcoin um viel Geld, um Geschäfte und Investitionen geht, ist der Cypherpunk-Ethos, aus dem Bitcoin entstanden ist, immer präsent. (Falls es jemand noch nicht weiss: Cypherpunk setzen sich für die Nutzung von Kryptografie und Technologien zum Schutz der Privatsphäre ein, um soziale und politische Veränderungen herbeizuführen.)

Eines der spannendsten Side-Events war für mich daher das Cypherpunk-Treffen auf einem Schiff auf der Moldau, bei dem unter anderem Paul Rosenberg auftrat, einer der Begründer der Cypherpunk-Bewegung. Organisiert wurde es von Lea Petrášová, der Gründerin von Vexl.com, einer Plattform zum P2P-Tausch von Bitcoin gegen Fiat, Güter und Dienstleistungen.

Lea sorgte auch für den originellsten Auftritt der Konferenz. Für die Ankündigung ihres Freedom-Stores, einer Konkurrenz zu Apples App-Store, parodierte sie den berühmten Werbespot, den Apple 1984 zur Einführung des MacIntosh während der Superbowl zeigte. In Sportkleidung und mit einem Hammer bewaffnet, lief sie durchs Publikum auf eine Leinwand mit einem “Big Brother” zu und zerstörte sie, ganz wie seinerzeit im Apple-Spot. Hintergrund für diese geschickte Kaperung: Apple hat sich vom rebellischen Underdog selbst zu einem zensierenden “Big Brother” entwickelt, der unter anderem die beliebte Vexl-Plattform vom AppStore ausschloss und daher für iPhone-User unbenutzbar machte.

Dank des Freedom-Stores können auch iPhone-User jetzt zu “Vexlaks” werden. In der kommunistischen CSSR waren das Schwarzmarkt-Agenten, die einem Devisen oder andere schwer erhältliche Güter besorgen konnten. Der Begriff stammt vom deutschen “Wechsel”, denn die D-Mark war jenseits des Eisernen Vorhangs die dominierende Währung.

Der wohl ergreifendste Vortrag war der von Strike- und 21-CEO Jack Mallers. Er analysierte die gefährliche Entwicklung seit der Einführung des Fiat-Money-Systems im Jahr 1971. Seitdem steigen die Preise und die Verschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte ins Unermessliche, was zu erheblichen sozialen Verwerfungen führt. Mallers, selbst knapp über 30, sprach für die Generation der Millennials, die unter den Fehlentscheidungen von vor über 50 Jahren leidet. Er sprach von steigenden Selbstmordzahlen bei Teenager, wachsenden Scheidungsraten und Depressionen, alles seit dem “Nixon-Schock” von 1971, als die bereits eingeschränkte Golddeckung des US-Dollars komplett aufgehoben wurde.

Die Lösung für alle Probleme seiner Generation: natürlich Bitcoin. “Fix the money, fix the world”, der Slogan der Bitcoin-Aktivisten. Mallers sieht fünf ethische Prinzipien im Bitcoin-Code verankert:

  • du sollst nicht stehlen
  • du sollst nicht inflationieren
  • du sollst nicht zensieren
  • du sollst nicht konfiszieren
  • du sollst kein Geld fälschen.

Ich mag diesen beinahe religiösen Aspekt von Bitcoin-Konferenzen, bei dem sich alle immer wieder selbst bestätigen, auf der richtigen Seite zu stehen und zu den Guten zu gehören. Es tröstet ein wenig über die vielen Betrüger hinweg, die leider auch zur Bitcoin-Welt gehören.

Das Schönste an solchen Events ist für mich, dass ich immer viele alte Freunde und Bekannte aus aller Welt treffe, selbst aus Mexiko, Argentinien und El Salvador waren einige angereist. Prag ist natürlich auch eine großartige Stadt mit gutem Bier und gutem Essen, in der man gern ein paar Tage verbringt.

Der einzige Wermutstropfen: die legendäre “Satoshi-Rockamoto”-Party, bei der Bitcoin-Popstars wie Samson Mow, Joe Nakamoto oder Knut Svanholm zur Gitarre greifen, fiel diesmal aus mir unbekannten Gründen aus. Es war eigentlich geplant, dass ich dort einige meiner Bitcoin-Songs zum Besten gebe, unter anderem meine neue Single “Honey Badger Don’t Care”.

Ihr müsst also mit diesem YouTube-Video vorliebnehmen und bis zur nächsten Konferenz warten. Vielleicht sehen wir uns beim Baltic Honeybadger in Riga?

Quelle: bitcoin.de