Edelcoin: Eine Kryptowährung gedeckt durch Industriemetalle
Frisch aus der Schweiz kommt der Edelcoin, die erste Kryptowährung, der verschiedene Industriemetalle unterliegen. Das Projekt hat die ersten Token im Wert von sechs Milliarden Dollar geprägt – und plant Großes. Der Gründer informiert uns über einige Details.
Wenn Andreas Wiebe erzählt, wie Edelcoin begann, holt er gerne etwas weiter aus. Der gebürtige Bonner, der heute in der Schweiz lebt, ist schon lange IT-Unternehmer. Er hat Suchmaschinen gebaut, früh mit KIs gearbeitet, einen Messenger entwickelt.
Dabei versteht sich Wiebe zugleich als Geschäftsmann wie als Idealist: „Wir bauen alternative Lösungen zu dem, was die Amerikaner bauen. Mit unserer Suchmaschine bieten wir einen Alternative zu Google, mit unseren Messengern zu Whatsapp. Auf dem Weg kamen wir auch zu Kryptowährungen.”
Denn Andreas Wiebe hat eine eigene Interpretation von Bitcoin: „Ich bin überzeugt, dass das von BlackRock aufgesetzt wurde. Die haben erkannt, dass der Dollar nicht dauerhaft funktioniert, daher wird er fallen gelassen und durch Bitcoin ersetzt.“ Und wenn der Dollar fällt – dann fallen alle Währungen. „Wir erleben die große Enteignung, den großen Kollaps.
Und das ist die Stelle, an der Edelcoin ins Spiel kommt, eine von Wiebe und seinem Team aufgesetzte Kryptowährung. „Wir wollten eine Alternative aufbauen, die Sicherheit bringt. Und was ist sicher? Metalle sind für mich das einzige, das nachhaltig solide ist, weil sie immer nützlich sein werden.“
Kupfer und Nickel, Polygon und Ethereum
Anfangs sollte Edelcoin durch Edelmetalle wie Gold und Silber gedeckt werden. Daher der Name. Doch im Lauf der Planung änderte Wiebe seine Ansicht. „Mit Gold ist es nicht viel anders als mit Bitcoin, es ist volatil. Also haben wir einen Korb mit fünf Metallen geschaffen, die vor allem industriell eingesetzt werden.“
Den Großteil der Deckung von Edelcoin bilden Kupferisotope, dazu kommt eine gute Menge Nickel, und als Ergänzung ein wenig Radium. Es sind Metalle, so Wiebe, die im Zusammenhang mit der Chipherstellung nachgefragt werden.
Der Edelcoin wurde mittlerweile veröffentlicht. Er ist ein ERC-Token auf Polygon und Ethereum. Bisher gibt es Edelcoins im Wert von rund sechs Milliarden Dollar. Man kann sie auf den ersten Börsen handeln, wenn auch eher auf Nischenbörsen, und der Preis ist bisher weitgehend stabil. Allerdings sind rund 99 Prozent der Token auf zwei Adressen, was die Aussagekraft des Preises etwas schmälert.
Wer die Coins hat, kann sich die Edelmetalle physisch liefern lassen, auch wenn die Prozedur über einen Treuhänder etwas aufwändig ist.
Bald wird Wiebes Team auch eine eigene Wallet entwickeln, die dann auch mit Debit-Karten zu verbinden ist. Der Edelcoin, hofft der Gründer, wird dann europaweit für Zahlungen verwendet.
Ein schwindelerregender Kupferberg
Passenderweise hat Wiebe einen Investor gefunden, der auf einem gewaltigen Bestand dieser Metalle saß. Er hat sie eigentlich als Grundlage verwendet, damit Banken Hebelprodukte anbieten. Nun aber geht der Bedarf nach solchen Derivaten zurück, doch der Investor möchte die Metalle nicht verkaufen, sondern sucht eine neue Anwendung.
Edelcoin kommt hier fast zu passend: Die Industriemetalle werden über das Token liquide gemacht, ohne dass sie auf den Markt strömen und den Preis demolieren.
Genaue Angaben zur Größe des Bestandes nennen wir hier nicht. Aber er ist schwindelerregend groß, was je nach Perspektive gut oder schlecht ist. Es kann Edelcoin fragwürdig machen, da allein die Logistik auf eine kaum vorstellbare Weise aufwändig und teuer ist; es kann aber auch verdeutlichen, wie groß die Ambitionen von Edelcoin sind, und welches enorme Potenzial das Projekt hat.
Man kann es sich als eine Art von „Proof of Work“ vorstellen. So wie die Bitcoin-Miner durch Hashes beweisen, dass hinter Bitcoins Arbeit steckt, beweist es die Metall-Logistik hinter Edelcoin.
Und das Geschäftsmodell?
Eine etwas offene Frage ist jedoch noch, durch welches Geschäftsmodell Wiebe und seine Partner vorhaben, die Kosten zu decken. Schließlich ist die Lagerung einer solchen Menge hochwertiger Metalle nicht eben günstig.
„Unser Plan ist es, Erlöse aus dem Verkauf von Edelmetallen in Goldminen zu reinvestieren,“ erklärt er. „Das bietet den Nutzern, die ihre Edelcoins einlösen möchten, die Möglichkeit, auch Gold zu erhalten. Gleichzeitig generieren wir durch Transaktionsgebühren Einnahmen. Es ist ein solider Plan, der jedoch Geduld erfordert.“
Zunächst muss Wiebe investieren. Die Transportkosten wurden bereits gedeckt, doch für die Lagerung fallen monatlich beträchtliche Summen an, und auch die Technologie muss finanziert werden. Darüber hinaus nimmt die Regulierung viel Zeit und Ressourcen in Anspruch, insbesondere die Herausforderungen der MiCA, um die vollständige Zulassung für den EU-Markt zu erhalten. Eine Fintech-Lizenz über eine Whitelabel-Bank könnte helfen, das Produkt weiter zu verbessern.
Trotz der Herausforderungen setzt der Schweizer darauf, dass sich die Mühen und das Investment am Ende lohnen werden – durch eine digitale und stabile Währung, die eine Alternative zum Euro, Dollar und Bitcoin darstellt.