Krypto, der Terror und die Folgen

Nachdem auch Kryptowährungen genutzt wurden um den palästinensischen Terror zu finanzieren, pochen einige Institutionen und Politiker in den USA auf härtere Regeln und Maßnahmen. Die Branche erhebt Einspruch und verweist auf das traditionelle Finanzwesen. Nicht zu unrecht.

Zwar wird noch diskutiert, wie viel Kryptospenden die Terrororganisation Hamas tatsächlich empfangen hat. Doch es ist klar, dass Kryptowährungen im Spiel waren, und es ist ebenso klar, dass das gewisse Folgen haben wird. Um diese wird es in diesem Artikel gehen.

Leider üben sich die EU und die europäischen Länder in der Beziehung weitgehend in Passivität, während sich die Diskussion in den USA zuspitzt. Positiv gesehen versteht man dort Krypto mittlerweile als erwachsene Branche: Man verlangt von den Unternehmen der Branche, dass sie sich wie die klassischen Finanzunternehmen in den Kampf gegen Terrorfinanzierung eingliedern.

FinCEN, das „Financial Crime Enforcement Network“, erkennt zwar an, dass Kryptowährungen nur eines unter sehr vielen Instrumenten ist, mit dem sich die Hamas und andere Terrororganisationen finanzieren. Dennoch fordert sie diese wie auch Banken dazu auf, “so zeitig wie möglich“ auf verdächtige Transaktionen zu reagieren: Sie sollen Transaktionen im Zusammenhang mit der Hamas identifizieren, blockieren und melden.

Einer Gruppe von 102 Abgeordneten unter Führung der traditionell krypto-skeptische Senatorin Elizabeth Warren geht das nicht weit genug. Sie wenden sich in einem offenen Brief an die Regierung.

Die Angriffe durch die Hamas zeigten ihrer Meinung nach, „dass Krypto ein nationales Sicherheitsrisiko für die USA und ihre Verbündeten ist“. Daher erwarten die Abgeordneten vom Kongress und der Verwaltung „scharfe Maßnahmen, um Risiken durch illegale Kryptotransaktionen zu begegnen, bevor durch sie die nächste Tragödie finanziert wird.“ Zwar erhebt die Gruppe keine konkreten Forderungen, verlangt aber von der Regierung detaillierte Auskunft über ihre Pläne. Vermutlich möchte sie damit Druck ausüben und eine Diskussion anstoßen.

Grundsätzlich reagieren die US-Institutionen zunächst wie gewohnt. Das Office of Foreign Asset Control (OFAC) hat einige Adressen und Unternehmen sanktioniert, da mit der Hamas in Kontakt stehen. Darunter auch eine Kryptobörse, die im Gaza-Streifen operiert, die „Buy Cash Money and Money Transfer Company“, und deren Gründer vorgeworfen wird, mit der Hamas in Kontakt zu stehen. Dabei aber handelt es sich eher um kleine Summen, und ohnehin sind Sanktionslisten ein Schwert, das bereits an einfachen Praktiken stumpf wird, etwa der Verwendung neuer Adressen oder Mixern.

Gegen Mixer möchte die FinCEN nun schärfer vorgehen. Vermutlich gibt die aktuelle Debatte eine Steilvorlage ab, um eine Forderung durchzusetzen, die schon länger im Gespräch ist. „Mixing ist ein essenzieller Service für Akteure im Ransomware-Ökosystem, Schurkenstaaten und andere Kriminelle. Sie helfen ihnen, ihre gesetzeswidrigen Aktivitäten zu finanzieren und die Spuren des Geldes zu verwischen“, meint FinCEN Direktorin Andrea Gacki. Mixer stellten ein „nationales Sicherheitsrisiko“ dar – schon wieder dieser Begriff! –, nicht nur hinsichtlich der Terrorfinanzierung, sondern auch der Ransomware-Angriffe auf essenzielle Infrastrukturen wie Pipelines oder Krankenhäuser.

Die FinCEN schlägt daher vor, Mixing einer Klasse von Transaktionen zuzuordnen, die einen vorrangigen Verdacht auf Geldwäsche auslösen. Wenn ein Kryptounternehmen erkennt, dass ein Kunde Mixer verwendet, muss er Maßnahmen ergreifen, etwa eine Meldung erstatten, die Coins vorübergehend einfrieren oder weitere Informationen einholen.

Damit würde die USA letztlich auf demselben Stand ankommen wir Europa, wo Mixing und andere Methoden der Anonymisierung seit MiCa bzw. TFR formell einen meldepflichtigen Verdachtsfall konstituieren. Problematisch dabei ist aber etwa die Frage, dass man Mixing weit genug definiert, um keine Schlupflöcher zu lassen, aber eng genug, um nicht der gesamten DeFi-Landschaft einen Generalverdacht aufzuerlegen.

Neben Maßnahmen, um künftiges Unglück zu verhindern, möchten manche Politiker auch diejenigen bestrafen, die scheinbar am aktuellen Problem schuld sind. So verlangt die eigentlich kryptofreundliche Republikanerin Cynthia Lummis mit ihrem Parteigenossen French Hill vom Justizministerium entschlossenes Handeln. Das Ministerium soll „schlechte Akteure zur Verantwortung ziehen, wenn ihnen nachgewiesen wird, dass sie illegale Aktivitäten befördern.“

Konkret zielen die Abgeordneten auf Tether und Binance. Teilweise wurden wohl die von Tether herausgegebenen Stablecoins USDT an die Hamas gespendet, während Israel zahlreiche Konten der Börse Binance wegen Verdachts auf Terrorfinanzierung einfrieren ließ. Beiden Organisationen wird vorgeworfen, durch eine zu lasche Kontrolle zugelassen zu haben, für Terrorfinanzierung missbraucht zu werden, und, schlimmer noch, dies vielleicht sogar bewusst für Geschäftsinteressen in Kauf genommen zu haben.

Binance, so Lummis in einem offenen Brief, sei eine unregulierte Kryptobörse die schon früher mit illegaler Aktivität verbunden war. “Die Tatsache, dass Hamas und andere Terrorgruppen erlaubt wurde, ein Konto bei Binance zu eröffnen und Geschäfte zu betreiben, sogar nachdem öffentlich darüber berichtet wurde” zeige, “dass Binance Organisationen unterstütze, die mit Terror in Verbindung stehen” oder sogar “absichtlich die Augen davor verschließt”. Auch Tether versäume es, die gebotenen Sorgfaltspflichten zu erfüllen, obwohl dem Unternehmen bewusst sei, dass sein Stablecoin USDT für illegale Aktivitäten und Terrorfinanzierung missbraucht wird.

Während sich Binance bisher ausschweigt, reagiert Tether auf die Vorwürfe. Das Unternehmen stellt zunächst klar, dass 130 Millionen Dollar, welche laut Wall Street Journal in Kryptowährungen an Terrorganisationen gespendet wurden, einige Größenordnungen zu hoch greifen.

Die Stablecoin-Herausgeberin bestreitet darüber hinaus, Sanktionsgesetze gebrochen oder die Auflagen des Bank Secrecy Acts verletzt zu haben. Stattdessen habe sie proaktiv mit 31 Polizeibehörden in 19 Jurisdiktionen zusammengearbeitet, um kriminelle Aktivitäten zu verhindern. So habe sie insgesamt 835 Millionen Dollar konfisziert, in der Regel Beute aus Hacks von Börsen oder DeFi-Plattfirmen. Zusammen mit Behörden in Israel habe Tether 32 Adressen eingefroren, auf denen Terrorverdächtige insgesamt etwas über 873.000 Dollar hielten.

Blockchains, erklärt Tether, sind von Natur aus transparent und daher weniger attraktiv für illegale Aktivitäten als das oft obskure traditionelle Finanzwesen. Weltweit kooperierten Krypto-Unternehmen sehr viel enger mit Gesetzeshütern zusammen als Unternehmen des traditionellen Sektors.

Das wiederum ist ein Punkt, den man auch außerhalb der USA nicht laut genug sagen kann: Kryptowährungen sind nicht der Gegner im Kampf gegen Geldwäsche oder Terrorfinanzierung – sondern der Verbündete. Tether-Dollar können eingefroren werden, Dollar-Scheine nicht.

Quelle: bitcoin.de