Operation Chokepoint 2.0 wird enthüllt: Wie die US-Regierung Banken drängt, Krypto-Unternehmen das Konto zu entziehen

Dass Krypto-Unternehmer oft ihre Bankkonten verlieren, ist lange bekannt. In den USA bringt ein Podcast nun aber Feuer in die Debatte; es formiert sich eine Art MeToo-Bewegung der Krypto-Unternehmer. Und in Deutschland?

Vor kurzem öffnete Marc Andreesen die Schleusen. Der prominente Tech-Risikokapitalgeber war bei Mega-Podcaster Joe Rogan zu Gast und sprach Klartext über das „Debanking“ von Krypto-Gründern.

Schon 2012, nachdem Marijuana und Prostitution legalisiert wurden, begannen Banken, Cannabis-Händlern und Escort-Unternehmern die Bankkonten zu entziehen. Sie wurden effektiv ebenso sanktioniert wie Terroristen. Die Regierung Biden habe dann, so Andreesen weiter, diese Sanktion auch auf Krypto- und Tech-Gründer ausgerichtet und schließlich auch auf politische Gegner.

„Operation Chokepoint 1.0 ging gegen Waffen, Chokepoint 2.0 gegen politische Gegner und Tech-Founder. Allein von unseren Gründern haben in den letzten vier Jahren 30 ihr Bankkonto verloren“ – Joe Rogan japst ein schockiertes „Thiiiirty???“ in Andreesens Gesprächsfluss -, „das war für uns ein Grund, warum wir Trump unterstützen. Wir können nicht in einer Welt leben, in der jemand ein Unternehmen gründet, ein völlig legales Unternehmen, und dann buchstäblich sanktioniert wird. Ohne juristischen Prozess, ohne Regeln, Gerichte oder Entscheidungsprozesse und ohne die Option, Einspruch einzulegen.“

Der Skandal ist nicht, dass Banken Krypto-Unternehmern die Konten kündigen. Es ist ihr gutes Recht, zu entscheiden, mit wem sie Geschäfte machen oder nicht. Der Skandal ist vielmehr, dass die Regierung Banken aktiv dazu drängt, und dies augenscheinlich an den rechtsstaatlichen Kontrollen vorbei.

Ich auch, ich auch, ich auch

Nachdem der Podcast viral ging, begann unter Krypto-Unternehmern eine Art „MeToo“-Bewegung. Ein paar Auszüge:

  • „Wir mit Gemini haben mehr Konten verloren als man mit zwei Händen zählen kann“, tweetet Tyler Winklevoss.
  • „Es war zu 100 Prozent ein politischer Mord – einer, der durch die Einschüchterung von Banken ausgeführt wurde,“ erinnert sich David Marcus über das Ende von Libra, dem von Facebook geplanten Stablecoin.
  • „Er hat vollkommen recht,“ bestätigt Balaji, und weist einen öffentlichen Brief vor, durch den Visa, Mastercard und Stripe mit „regulatorischer Prüfung“ bedroht wurden, wenn sie weiter mit Libra arbeiteten.
  • Lightning-Unternehmer Paul Itoi erzählt, dass die Bank of America sein Geschäftskonto geschlossen hatte, nachdem er Bitcoin auf die Webseite eingefügt hatte.
  • Sam Frax von FraxFinance, eine DeFi-Plattform, erzählt, er habe bisher darüber geschwiegen, wie ihm J.P. Morgan vergangenen Dezember das Konto gekündigt hat. Ein ihm bekannter Bankberater gestand: „Wir müssen jeden Account schließen, dessen primäres Einkommen von Krypto kommt. Es tut mir leid.“
  • Jake Brukham, Gründer von Coinfund.io, berichtet, dass er mit 13 erstmals ein Bankkonto eröffnet hat und es nun, 25 Jahre später, „durch Operation Chokepoint 2.0 verloren“ hat, weil er in der Krypto-Branche arbeite.
  • „Wir hatten keine US-Bank für mehrere Jahre, während ein US-Unternehmen dank seiner Investoren ein Monopol genoss“, erinnert sich Jesse Powell von Kraken. Überlebt habe die Börse nur, weil sie sich auf Europa fixiert habe. „Wir kennen viel zu viele Storys unserer Kunden und Mitarbeiter, die ihre Bankkonten in den USA verloren haben.“
  • „Ich habe eine Tabelle mit Banken, die mich abgelehnt haben, nachdem ich TradeHill gegründet habe,“ erzählt Jered Kenna, „und ich bin noch immer bei HSBC, Bank of America, Chase, Citi, Wells und anderen blockiert. Zu manchen Zeiten habe ich am Tag mit 5-10 Banken gesprochen.“

Und so weiter und so fort, endlos weiter, endlos fort. Das Bankkonto zu verlieren ist die naheliegendste Folge davon, in den USA mit Krypto zu arbeiten.

Bisher haben Krypto-Gründer häufig geschwiegen. Sie fürchteten, auch das Bankkonto zu verlieren, dass sie endlich gefunden haben, wenn sie sich nicht bedeckt halten. Nun aber hofft die Branche darauf, dass die Regierung Trump ihnen den Rücken decken wird, und wagen sich aus der Decke. Und damit perlt sich ein Bild über die institutionellen Hintergründe des Debankings heraus.

Krypto-Unternehmer genießen keinen Schutz vor Diskriminierung

Paul Grewalt, Anwalt von Coinbase, meint, dass sich „langsam, aber sicher der Nebel lichtet.“ Coinbase habe durch eine Klage gegen die FDIC, die föderale Einlagensicherung der USA, Informationen bekommen, wie die FDIC Finanzinstitutionen im Zuge der Operation Chokepoint 2.0 beeinflusst habe. „Bisher haben wir mehr als 20 Beispiele aufgedeckt, in denen die FDIC Banken auffordert, Dienstleistungen an Krypto-Unternehmen ‚einzustellen‘, ‚nicht bereitzustellen‘ oder ‚nicht fortzuführen‘.“

Aber die FDIC ist nur eine der beteiligten Institutionen. Im Podcast mit Joe Rogan konzentrierte sich Marc Andreesen vor allem auf eine andere – das Büro für finanziellen Verbraucherschutz (CFPB), welches von Elizabeth Warren gegründet wurde, eine Senatorin, die wie keine andere die Ablehnung von Kryptowährungen verkörpert.

Der Krypto-Investor Nic Carter erläutert die Hintergründe von Andreesens Interview ausführlich. Das CFPB sei, kritisiert Andreesen, eine förderale Behörde, die, weitgehend unabhängig von politischer Kontrolle, „Finanzinstitutionen terrorisieren“ könne. Jeder, der im Lauf der letzten vier Jahre versucht habe, neue Finanzmodelle anzubieten, ob Krypto oder Fintech, sah sich der Bedrohung durch das CFPB ausgesetzt, welches versuche, die großen Banken vor Konkurrenz zu schützen.

Ironischerweise soll das CFPB, ergänzt Nic Carter, gerade Menschen davor schützen, ihr Bankkonto zu verlieren. Sie hat etwa den Auftrag, zu verhindern, dass eine finanzielle Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Herkunft, Alter, Geschlecht und mehr stattfindet. „Krypto-Unternehmer“ und „Konservative“, erklärt Carter, seien jedoch nicht geschützt, sondern werden, ganz im Gegenteil, von der CFPB heimgesucht.

Allerdings übertreibe Andreesen die Rolle der CFPB beim Debanking, während er die der FDIC und anderer Institutionen, etwa des „Office of the Comptroller of the Currency“ (OCC) oder der Federal Reserve, unterschätze. Sie alle haben sich an der Operation Chokepoint 2.0 beteiligt.

Nun begehren die Krypto-Unternehmer also auf, in der Hoffnung, von der Regierung Trump geschützt zu werden. Brian Armstrong, der Gründer von Coinbase, kündigt auf Twitter auch schon Konsequenzen an: „Hiermit sollten alle Anwaltskanzleien, mit denen wir zusammenarbeiten, wissen, dass wir nicht länger ihre Clienten sein werden, wenn sie jemanden anstellen, der solche schlechten Taten in der (bald) ehemaligen Regierung verübt hat.“

Und hierzulande?

In Deutschland gibt es keine vergleichbare Aktion. Es ist nicht bekannt, dass Regierungsorganisationen Banken dazu drängen, Krypto-Unternehmer zu debanken, und es gibt auch keine MeToo-Bewegung der Unternehmen, die damit an die Öffentlichkeit gehen.

Allerdings ist das vielfach auch gar nicht nötig. Viele Banken schließen Konten ganz von selbst, wenn der User zu viel mit „Krypto“ zu tun hat. Berichte darüber gibt es vielfach. Dies hat aber in der Regel nichts mit bösem Willen zu tun oder der Absicht, ein Monopol gegen die Krypto-Branche zu sichern.

Auf der einen Seite sind es bei Banken häufig Erfahrungswerte. Bitcoin und andere Kryptowährungen sind eben überdurchschnittlich häufig mit Betrug oder Geldwäsche verbunden, was lästige Ermittlungen der Polizei oder Aufsicht nach sich zieht. Auf der anderen Seite bürdet die Regulierung den Banken vielfache Beobachtungs- und Meldepflichten auf, wenn ihre Kunden in größerem Umfang mit Bitcoin zu tun haben. In beiden Fällen gehen die Banken einfach den Weg des geringsten Widerstandes.

Für Krypto-Unternehmen ist es hierzulande bekanntlich schwierig, Partnerbanken zu finden. Dies liegt aber nicht daran, dass Banken dazu gedrängt werden, Krypto-Unternehmen zu debanken – es ist vielmehr die Folge einer übers Ziel hinausschießenden Regulierung. Das Ergebnis ist jedoch dasselbe.

Quelle: bitcoin.de