Wie kann man die Klimabelastung durchs Bitcoin-Mining senken?

Bitcoin-Mining verursacht CO2-Emissionen und ist damit klimaschädlich. Jeder, der etwas anderes behauptet, lügt sich in die Tasche. Komplizierter wird es aber bei der Frage, wie man mit dem Problem umgeht. Welche Handlungsoptionen haben wir?

In wenigen Debatten sind die Fronten so verhärtet wie bei Bitcoin und dem Klima.

Während die eine Seite – die Bitcoiner – gerne proklamieren, dass Bitcoin das Klima nicht nur nicht belaste, sondern sogar schütze, etwa weil es den Ausbau erneuerbarer Energien fördere, erwidert die andere Seite, dass Bitcoin selbst dann dem Klima schade, wenn zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien geschürft würde, da der Strom dann woanders fehlen würde.

Diese Kluft wirkt unüberbrückbar, weil die Debatte, wie so oft bei verhärteten Standpunkten, ein Stellvertreter für etwas anderes ist. Bitcoiner lieben Bitcoin, egal was es mit dem Klima macht, und Bitcoin-Gegner sind Gegner von Bitcoin, ganz gleich, ob es dem Klima schadet. Die tatsächlichen Argumente stehen nicht für sich, sondern dienen einem anderen Zweck, der bereits feststeht.

Bei den Tatsachen bleiben

Tatsache ist aber, dass Mining SEHR viel Strom benötigt, und ebenso ist es eine Tatsache, dass dieser Strom nicht vollständig aus erneuerbaren Quellen kommt. Selbst wenn nur die Hälfte des Stromes CO2 emittiert – oder nur ein Drittel -, bleibt eine gewaltige Belastung für das Klima.

Man kann natürlich argumentieren, dass nicht Bitcoin daran schuld ist, sondern eine fehlgeleitete Energiepolitik, wie fossile Subventionen und so weiter. Man kann ins Feld führen, dass Bitcoin-Mining helfen kann, Solar- und Windkraft auszubauen oder Bodengase auf Mülldeponien oder aufsteigendes Methangas bei Ölbohrungen zu verbrennen.

All das ist nicht falsch – ändert aber zunächst kein Jot an der Tatsache, dass Bitcoin die globalen CO2-Emissionen nicht senkt, sondern erhöht.

Anstatt zu versuchen, den fossilen Fußabdruck von Bitcoin kleinzureden, sollte man sich den Tatsachen stellen – und die Frage wagen, ob und wie man Bitcoins CO2-Ausstoß senken kann.

Die Selbstregulierung von Bitcoin

Zunächst einmal sollte man wissen, dass Bitcoin seinen CO2-Ausstoß sehr wahrscheinlich von selbst senken wird. Das ist sozusagen einprogrammiert.

Alle vier Jahre halbiert sich nämlich die Anzahl Bitcoins, die die Miner je Block finden. Solange sich der Preis von Bitcoin in diesem Zeitraum nicht verdoppelt, sinkt zwingend der Strom, den die Miner je Block ausgeben – und damit auch die CO2-Emissionen.

Es mag sein, dass sich der Bitcoin-Preis noch ein Weilchen verdoppelt, dass er beim nächsten Halving (2028) 200.000 Dollar beträgt, beim übernächsten (2032) 400.000, und schließlich, 2036, 800.000. Aber schon hier reden wir von Kursen, die allenfalls dann realistisch sind, wenn der Dollar massiv inflationiert – was auch bedeutet, dass je Dollar weniger Strom zu kaufen ist.

Jede regulatorische Maßnahme, die darauf abzielt, den CO2-Ausstoß von Bitcoin zu reduzieren, sollte vor diesem zeitlichen Hintergrund betrachtet werden: Im Lauf des kommenden Jahrzehnts wird Bitcoin den Stromverbrauch selbst senken.

Aber wenn man nicht so lange warten will? Welche Möglichkeiten hat man dann?

Die üblichen Ansätze

Es gibt zahlreiche anscheinend offensichtliche Ansätze, die in die Irre führen.

Der erste wäre es, wie Greenpeace zu fordern, dass der Code geändert wird („change the code, not the climate“). Auch Ethereum ist von Proof of Work mit Minern auf Proof of Stake (PoS) umgestiegen und hat so seinen Stromverbrauch um mehr als 99 Prozent reduziert. Da Ethereum sicher blieb und es auch zahlreiche andere stabile PoS-Währungen gibt, wäre dies eigentlich naheliegend.

Der zweite Ansatz wäre es, Bitcoin-Mining zu verbieten. Wo nicht gemined wird, entsteht auch keine CO2-Belastung. Linke Parteien wollen das für die EU, Norwegen denkt derzeit sehr konkret über ein solches Verbot nach, Island hatte es auch schon angedacht, und China hat es vor einigen Jahren erlassen. Dieser Ansatz wiederholt, was man bereits bei FCKW oder Glühbirnen vorgemacht hat und was langfristig auch für Verbrenner im Gespräch ist.

Ein dritter Ansatz wäre es, die Umweltbelastung durch Kryptowährungen zunächst transparent zu machen und dann Börsen oder Vermögensverwalter so zu regulieren, dass sie keine energieintensiven Coins wie Bitcoin handeln und ins Portfolio aufnehmen dürfen. Ein Ethereum-ETF ist nachhaltig, ein Bitcoin-ETF nicht.

Wirkungslos, schädlich, teuer

Die ersten beiden Ansätze sind zum Scheitern verurteilt.

In einem dezentralen Netzwerk wie Bitcoin kann man keine Code-Änderung erzwingen; da die Magie des Proof of Works, das Bitcoin eisenhart in der physischen Wirklichkeit verankert, zum Mythos von Bitcoin gehört, gibt es quasi keine Chance, die Community und den Markt zu überzeugen.

Auch ein lokales bzw. nationales Verbot bleibt wirkungslos und kann sogar schädlich sein. Denn Bitcoin-Mining ist ein Nullsummenspiel. Wenn nicht in der EU gemined wird, mined man eben woanders. Wenn ein Land wie Norwegen, dessen Stromversorgung zu weiten Teilen aus erneuerbaren Quellen stammt, Mining verbietet, senkt das nicht nur die CO2-Belastung nicht – sondern erhöht sie, da die Miner an Standorte umziehen, wo Strom aus fossilen Quellen entsteht.

Das Musterbeispiel für diesen Effekt ist China. Nachdem das Land 2021 Mining verboten hat, sind Schwärme an Minern von den großen Staudämmen des Landes zu den Kohlekraftwerken Kasachstans gezogen – was die CO2-Belastung massiv erhöht hat. Man sollte meinen, ein modernes Land wie Norwegen würde aus der Geschichte lernen; Verbote sind eine reine, potenziell schädliche Symbolpolitik.

Etwas besser sieht es beim dritten Ansatz aus. Dieser hat das Potenzial, den Preis von Bitcoin zu drücken. Wenn die Kryptowährung nicht auf Börsen gehandelt und nicht in ETFs verpackt werden darf, dann wird sie vermutlich weniger gekauft, was den Preis senken kann. Allerdings besteht das Risiko, dass die Börsen der Jurisdiktion, die so reguliert, sagen, wir, der EU, pleite gehen und die Leute einfach Plattformen in Drittstaaten aufsuchen. Dies könnte den Ansatz zu einer teuren Methode werden, um nichts zu erreichen.

Richtig überzeugend ist bisher keine Version. Was aber bleibt dann noch, wenn es wirklich ums Klima geht und nicht nur um symbolische Politik?

Wirklicher Klimaschutz

Die Antwort ist im Grunde offensichtlich. Die Miner produzieren „Hashes“, das sind die Ergebnisse einer kryptographischen Operation. Jedes Hash wird entweder klimaneutral durch regenerative Energien erzeugt, oder eben klimaschädlich durch fossile Energien.

Wenn man möchte, dass Bitcoin weniger CO2 ausstößt, dann sollte man sich bemühen, den Anteil der sauberen Hashes zu steigern. Man sollte also das Gegenteil von dem machen, was Norwegen vorhat, das durch sein angedachtes Mining-Verbot den Anteil schmutziger Hashes steigern möchte.

Die einzige wirklich effektive Antwort auf die Frage, wie man Bitcoin weniger klimaschädlich macht, hört sich paradox an: Man muss das Mining fördern. Aber so ist es. Der einzige Handlungsspielraum, den die europäische Politik hat, ist es, die Anzahl an Hashes, die durch grüne europäische Energien erzeugt werden, zu maximieren.

Wenn die EU es ernst mit dem Klimaschutz meint, sollte sie Norwegen für den Plan, Mining zu verbieten, scharf rügen und als das anprangern, was es ist – mutwillige Klimaschädigung.

Die EU – und ihre Mitgliedsstaaten – sollten Förderprogramme für grünes Mining entwickeln; sie sollten jeden Miner, der seine Farm an einem US-amerikanischen oder kasachischen Kohlekraftwerk ab- und an brandenburgischen Windfarmen wieder aufbaut, subventionieren. Sie sollte, um Mining mit den wechselhaften Stromquellen Solar und Wind zu unterstützen, die Verluste bezahlen, die Miner erleiden, wenn ihre Geräte nachts und bei Flauten still stehen.

Wenn das Gute auch lukrativ wird

Das klingt absurd und dürfte für viele schwer zu verarbeiten sein. Klimaschutz – indem man „Stromverschwendung“ subventioniert, anstatt Anreize fürs Stromsparen zu setzen?

Aber realistisch betrachtet ist dies die einzige zur Verfügung stehende Handlungsoption, wenn man es ernst meint. Wem es darum geht, „richtig zu handeln“ oder „die richtigen Motive“ zu haben, anstatt darum, das richtige Ergebnis zu erzielen, wird sich nun sträuben. Wer dagegen vom Ergebnis her denkt, kann nicht anders, als Subventionen für grünes Mining zu verlangen.

Als Bonus wird die Unterstützung von grünem Mining eine sehr angenehme Nebenwirkung haben. Wenn der Block-Reward im Lauf der Zeit sinkt und mit ihm der Stromverbrauch von Bitcoin zurückgeht, werden Kapazitäten der Stromerzeugung frei. Die Öffentlichkeit hat diese zum Teil mitfinanziert, durch Subventionen fürs Mining – aber eben nur zum Teil. Den anderen Teil steuert der Bitcoin-Reward bei.

Eine Volkswirtschaft, die mit der Unterstützung des grünen Minings das richtige fürs Klima tut, bekommt als Belohnung eine Teilfinanzierung des Ausbaus der Stromversorgung. Selten fallen das „Richtige“ und das „Lukrative“ so gut zusammen. Aber warum ist es so schwer, das zu erkennen – gerade für die, denen Klimaschutz eigentlich so viel bedeutet?

Quelle: bitcoin.de